Das Passiv ist eine der Strukturen in der deutschen Sprache, die vielen Lernenden zunächst Kopfzerbrechen bereitet. Doch mit etwas Übung und einem klaren Verständnis der Regeln kann man das Passiv gut meistern und es gezielt einsetzen, um seinen Ausdruck zu variieren und zu verfeinern. In diesem Artikel werden wir uns ausführlich mit der Bildung und Verwendung des Passivs im Deutschen beschäftigen.
Was ist das Passiv?
Im Deutschen, wie auch in vielen anderen Sprachen, gibt es zwei grundlegende Arten von Sätzen: Aktiv und Passiv. Im Aktivsatz steht das Subjekt im Vordergrund und führt die Handlung aus. Zum Beispiel: „Der Lehrer erklärt die Grammatik.“ Hier ist „der Lehrer“ das Subjekt, das die Handlung „die Grammatik erklären“ ausführt.
Im Passivsatz hingegen wird der Fokus auf das Objekt der Handlung gelegt, und das Subjekt tritt in den Hintergrund oder wird ganz weggelassen. Der gleiche Satz im Passiv lautet: „Die Grammatik wird (vom Lehrer) erklärt.“ Hier liegt der Schwerpunkt auf „die Grammatik“, und der Handelnde („der Lehrer“) ist entweder weniger wichtig oder wird gar nicht erwähnt.
Bildung des Passivs
Die Bildung des Passivs im Deutschen erfolgt durch die Kombination des Hilfsverbs „werden“ und des Partizips II des Hauptverbs. Schauen wir uns das genauer an:
Präsens
Im Präsens wird das Passiv mit der Präsensform von „werden“ und dem Partizip II gebildet.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer erklärt die Grammatik.“
– Passiv: „Die Grammatik wird (vom Lehrer) erklärt.“
Präteritum
Im Präteritum verwendet man die Präteritumform von „werden“ und das Partizip II des Hauptverbs.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer erklärte die Grammatik.“
– Passiv: „Die Grammatik wurde (vom Lehrer) erklärt.“
Perfekt
Im Perfekt wird das Passiv mit der Perfektform von „werden“ (also „ist… worden“) und dem Partizip II des Hauptverbs gebildet.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer hat die Grammatik erklärt.“
– Passiv: „Die Grammatik ist (vom Lehrer) erklärt worden.“
Plusquamperfekt
Im Plusquamperfekt verwendet man die Plusquamperfektform von „werden“ (also „war… worden“) und das Partizip II des Hauptverbs.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer hatte die Grammatik erklärt.“
– Passiv: „Die Grammatik war (vom Lehrer) erklärt worden.“
Futur I
Im Futur I wird das Passiv mit der Futurform von „werden“ (also „wird… werden“) und dem Partizip II des Hauptverbs gebildet.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer wird die Grammatik erklären.“
– Passiv: „Die Grammatik wird (vom Lehrer) erklärt werden.“
Futur II
Im Futur II verwendet man die Futurform von „werden“ (also „wird… worden sein“) und das Partizip II des Hauptverbs.
Beispiel:
– Aktiv: „Der Lehrer wird die Grammatik erklärt haben.“
– Passiv: „Die Grammatik wird (vom Lehrer) erklärt worden sein.“
Verwendung des Passivs
Das Passiv hat im Deutschen verschiedene Verwendungszwecke und kann in unterschiedlichen Kontexten nützlich sein. Hier sind einige der häufigsten Gründe, warum man das Passiv verwendet:
Fokus auf die Handlung oder das Ergebnis
Im Passivsatz wird der Schwerpunkt auf die Handlung oder das Ergebnis der Handlung gelegt, anstatt auf den Handelnden. Dies ist besonders nützlich, wenn der Handelnde unbekannt, unwichtig oder offensichtlich ist.
Beispiel:
– „Das Problem wurde gelöst.“ (Wer das Problem gelöst hat, ist nicht wichtig.)
– „Der Kuchen wird gebacken.“ (Der Fokus liegt darauf, dass der Kuchen gebacken wird, nicht darauf, wer ihn backt.)
Neutralität und Objektivität
Das Passiv kann verwendet werden, um eine neutrale oder objektive Perspektive auszudrücken. Dies ist besonders in wissenschaftlichen Texten, Berichten oder Nachrichten nützlich.
Beispiel:
– „Die Studie wurde von Experten durchgeführt.“
– „Das Gesetz wurde verabschiedet.“
Höflichkeit und Taktgefühl
Manchmal ist es höflicher oder taktischer, das Passiv zu verwenden, besonders wenn man Kritik übt oder schlechte Nachrichten überbringt.
Beispiel:
– Aktiv: „Du hast einen Fehler gemacht.“
– Passiv: „Es wurde ein Fehler gemacht.“ (Das Passiv entschärft die Kritik.)
Formelle und geschriebene Sprache
Das Passiv ist häufiger in formellen und geschriebenen Texten zu finden, wie in Berichten, wissenschaftlichen Arbeiten und offiziellen Dokumenten.
Beispiel:
– „Der Vertrag wurde von beiden Parteien unterzeichnet.“
– „Die Ergebnisse wurden analysiert und dokumentiert.“
Das Passiv mit Modalverben
Auch Modalverben können im Passiv verwendet werden. Hierbei wird das Modalverb im Präsens oder Präteritum konjugiert, gefolgt von „werden“ im Infinitiv und dem Partizip II des Hauptverbs.
Beispiele:
– Präsens: „Die Aufgabe muss erledigt werden.“
– Präteritum: „Die Aufgabe musste erledigt werden.“
Das Zustandspassiv
Neben dem Vorgangspassiv, das wir bisher besprochen haben, gibt es auch das Zustandspassiv. Das Zustandspassiv beschreibt einen Zustand, der durch eine Handlung entstanden ist, und wird mit dem Hilfsverb „sein“ und dem Partizip II gebildet.
Beispiel:
– Vorgangspassiv: „Das Fenster wird geöffnet.“ (Der Vorgang des Öffnens)
– Zustandspassiv: „Das Fenster ist geöffnet.“ (Der Zustand des Geöffnetseins)
Typische Fehler beim Passivgebrauch
Beim Lernen des Passivs gibt es einige häufige Fehler, die es zu vermeiden gilt:
Falsche Verwendung von „werden“ und „sein“
Viele Lernende verwechseln das Vorgangs- und Zustandspassiv und verwenden „werden“ und „sein“ falsch.
Beispiel:
– Falsch: „Die Tür wird geschlossen.“ (wenn man den Zustand meint)
– Richtig: „Die Tür ist geschlossen.“
Falsche Partizip II Formen
Ein weiterer häufiger Fehler ist die falsche Bildung oder Verwendung des Partizips II.
Beispiel:
– Falsch: „Das Buch wird geschreibet.“
– Richtig: „Das Buch wird geschrieben.“
Wechsel zwischen Aktiv und Passiv
Manche Lernende wechseln unbewusst zwischen Aktiv und Passiv innerhalb eines Satzes.
Beispiel:
– Falsch: „Der Brief wurde von ihr geschrieben und sie sendet ihn.“
– Richtig: „Der Brief wurde von ihr geschrieben und wird gesendet.“
Übungen zum Passiv
Um das Passiv zu üben, können folgende Aufgaben hilfreich sein:
1. **Aktivsätze ins Passiv umwandeln:** Schreiben Sie eine Liste von Aktivsätzen und wandeln Sie diese ins Passiv um.
2. **Partizip II Formen üben:** Erstellen Sie eine Liste von Verben und bilden Sie die entsprechenden Partizip II Formen.
3. **Texte analysieren:** Lesen Sie Texte und markieren Sie die Passivsätze. Überlegen Sie, warum das Passiv verwendet wurde.
Fazit
Das Passiv ist ein wichtiges Mittel, um im Deutschen präzise und variantenreich zu kommunizieren. Es ermöglicht es, den Fokus auf die Handlung oder das Ergebnis zu legen, eine neutrale oder objektive Perspektive einzunehmen und in formellen Kontexten angemessen zu schreiben. Mit der richtigen Übung und einem guten Verständnis der Regeln kann man das Passiv erfolgreich in sein Sprachrepertoire integrieren. Viel Erfolg beim Üben!